Kleine Leckagen: so gefährlich sind sie für eure Gebäude

Klein, aber gefährlich: Leckagen an der falschen Stelle verursachen teure Bauschäden

Winzig und ganz oben im Gebäude – diese Kombination bei Leckagen in der Luftdichtung ist explosiv. Denn auch wenn die Leckage winzig ist: Sitzt die Undichtheit an einer ungünstigen Stelle der Konstruktion, kann es zu üblen Bauschäden kommen. Der bauphysikalische Hintergrund: Warme Luft strömt durch die Konstruktion, wird abgebremst und kondensiert. Zu viel Feuchtigkeit in der Konstruktion kann zu Schimmel oder zur Vermorschung führen. In Folge 16 von Luftdichtheit geprüft sprechen wir (Holger und Heide Merkel) darüber, dass auch kleinste Leckagen große Schäden verursachen können.

In dieser Folge zu Leckagen lernt ihr:

  • wie Bauschäden durch kleinste Leckagen entstehen können
  • dass die meisten gefährlichen Leckagen in den oberen Stockwerken sitzen
  • was Kamineffekt und druckneutrale Zone bei Luftundichtheiten bedeuten
  • dass ein guter n50-Wert bei Blower-Door-Tests – also nachgewiesene gute Luftdichtheit eines Gebäude – nicht automatisch vor schweren Bauschäden schützt
  • Schreckens-Bauschäden durch kleine Leckagen kennen
  • dass die Innendämmung der Außenwand machbar ist, wenn man ein paar Grundlagen beachtet
  • was die Blower-Door-Normen DIN EN 13 829 und DIN ISO 9972 zu Leckagen sagen und nicht sagen
  • wie hilfreich die Luftdichtheitsnorm DIN 4108-7 bei Planung und Verarbeitung der Gebäudehülle ist

Blower-Door-Normen definieren weder Größe noch Gefährlichkeit von Leckagen

In den Blower-Door-Normen DIN EN 13829 und DIN ISO 9972 steht, dass Messdienstleister das Gebäude nach Leckagen durchforsten und diese anschließend im Prüfbericht dokumentieren sollen. Aber: Ab wann eine Leckage als groß definiert ist, das steht nirgends. Die DIN EN 138 29 gilt noch, wenn nach EnEV gemessen wird, die DIN ISO 9972:2018 gilt als richtige Norm, wenn das Gebäude nach dem Gebäudeenergiegesetz GEG bilanziert wurde. Obwohl lange am GEG gefeilt und auch der nationale Anhang die ISO 9972 inhaltlich fast über den Haufen geworfen hat, wurde das Leckagenthema nicht näher definiert.

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Forschungsvorhaben zu Leckagen in der Gebäudehülle

Vor ein paar Jahren war ich bei einer Mitgliederversammlung des Fachverbands Luftdichtheit im Bauwesen e.V. Dort wurde festgestellt, dass es keine Definition von „großer Leckage“ gibt. Auch wurde anhand von Leckagen-Bilder diskutiert, was nun als groß oder klein gilt. Die verschiedenen Meinungen zeigten, dass es wirklich undurchsichtig und schwierig ist. Es entstanden Arbeitsgruppen und schließlich ein Forschungsvorhaben zu genau diesem Thema.

Dieses Vorhaben habe ich etwas begleitet, indem ich mit dem Forschungsleiter Dr. Klaus Vogel und mit Mitgliedern der Arbeitsgruppen gesprochen habe. Dabei sind u. a. auch Interviews entstanden:

Hier spreche ich mit Thomas Kretzschmar über die Schwierigkeit einer Definition:

Hier ein Interview mit Dr. Klaus Vogel auf der Blower-Door-Tagung in der Schweiz im Jahr 2015: Gefährliche Leckagen: Bewertung von Fehlstellen in Luftdichtheitsebenen

Auf der BAU 2017 traf ich Dr. Klaus Vogel wieder und wir sprachen über das Ergebnis des Forschungsberichtes. Der Bericht kann inzwischen auch kostenfrei heruntergeladen werden: hier.

Eine strikte Definition, wann eine Leckage nun groß ist, gibt es weiterhin nicht. Aber der Bericht zeigt, welche Leckagen eher einen großen Schaden anrichten.

Empfehlung von Holger und bionic3: alle potenziell gefährlichen Leckagen im Prüfbericht oder beim baubegleitenden Blower-Door-Test dokumentieren

Holger hat den Forschungsbericht gelesen und sein Team und er lösen diese Normlücke seit Jahren wie folgt: Sie dokumentieren alle Leckagen, die potenziell einen Bauschaden verursachen können – unabhängig von der Größe.

Kamineffekt und druckneutrale Zone: darum sind Leckagen im oberen Bereich gefährlicher

Ab Minute 7 erklärt Holger, warum die Leckagen im oberen Teil des Gebäudes gefährlicher sind als im unteren Teil. Er spricht von der druckneutralen Zone bzw. dem Kamineffekt. Die Grafik von pro clima könnt ihr euch dazu hier herunterladen: kostenloser Download.

Holger hat diese Grafik auch in einem Fachartikel in der Fachzeitschrift „der Bauschaden“ erklärt:

„ Oft sind es die kleinen, übersehenen Fehlstellen in Planung oder Ausführung, die zu einem Bauschaden führen. Liegen diese oberhalb der druckneutralen Zone, also im oberen Teil des Gebäudes, ist erhöhte Vorsicht geboten. Strömt es zum Beispiel an Elektroinstallationsdosen der Innenwände im Dachgeschoß, ist es oft ein Hinweis darauf, dass der Mauerkopf nicht abgedeckt wurde bzw. die Holz- oder Trockenbauwand ohne obere Abklebung in die Dämmebene läuft. Hierbei ergibt sich im Winter  eine kontinuierliche Strömung von warmer, feuchter Luft mit eventueller Kondensation und Durchfeuchtung des Bauteils.“

Beschreibung des bauphysikalischen Effekts „Kamin-Effekt“ bzw. druckneutrale Zone

Diesen Fachartikel könnt ihr komplett in unserem Luftdicht Blog kostenfrei lesen – zudem ist dort auch das Original-PDF-verlinkt. Hier geht’s zum Artikel: klick.

Horrorbeispiel: Solch kleine Leckage, dass sie sogar beim Blower-Door-Test übersehen wurde

Bei Luftdichtheit geprüft – Klartext zu Luftdichtung und Qualität am Bau spricht Holger immer wieder über folgendes Horrorbeispiel: Eine fehlende kleine Abklebung führte dazu, dass eine Attika zusammenbrach. Der komplette Fachartikel dazu erschien zuerst in der Holzbau-Zeitschrift Mikado. Anschließend haben wir ihn in unserem Blog gepostet: hier.

Schaden durch fehlende Abklebung bei nichttragender Innenwand

Oft wird bei Trennwänden aus Hochlochziegeln die Mauer oben nicht abgedichtet, obwohl es die Luftdichtheitsnorm 4108-7 verlangt. Konsequenz: Luft strömt durch die Elektroinstallationsdosen, geht nach oben und kondensiert. Mehr dazu ab Minute 7 im Podcast.

Typischer Fehler im Holzrahmenbau

Auf trockenes gehobeltes Holz (Konstruktionsvollholz) wird OSB genagelt. Hier entsteht ein Schlitz. Dieser wird oft nicht abgedichtet. Resultat: es zieht und kondensiert.

Fehleralarm: Hinterströmte Innendämmung

Wenn die Innendämmung nicht luftdicht angeschlossen ist und die Außenwand hinterströmt wird, kondensiert es an der kalten, alten Bestandswand und es können z. B. beim Fachwerk die Schwellen zusammenfaulen.
Hier im Blog dokumentiert Holger Leckagen, erklärt die Ursache und die Lösung.

So könnt ihr kleine Leckagen aufdecken

Wer kleine Leckagen entdecken will, sollte sich vorher mit der Konstruktion auseinandersetzen. Darüber sprechen wir ab Minute 6. Wie ist das Haus gebaut? Welche Bauteile treffen aufeinander? Haben die Steine Hohlräume? Jede Bauweise (Massiv- bzw. Holzbau) hat seine Tücken. Dazu haben wir jeweils eine Podcastfolge aufgenommen: „Mauerwerk ist undicht?! Echt jetzt? – Folge 5“

Druckunterschied + Luftstrombremse = Schadensalarm

Wenn ein kleines Loch in der Wand klafft, kühlt in diesem Bereich die Oberfläche ab. Die Röhre die entsteht, wird meist sogar trockener, weil die Luft durchströmt. Sobald jedoch an der Außenseite beispielsweise eine Folie herunterhängt, kondensiert es. Das bedeutet: Das Abbremsen des Luftstroms ruft das Kondensat und dann den Bauschaden hervor. Wenn die Luftströmung ungehindert ins Freie fließen kann, dann passiert meist nichts – außer, dass es zieht. Daher entstand auch der Mythos „Früher war alles besser“. Dazu mehr in der Podcastfolge Nummer 11 „Die nackte Wahrheit zu Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: war früher wirklich alles besser?“

Guter Wert von Blower-Door-Tests garantiert keine Bauschadensfreiheit

Da auch kleinste Leckagen große Schäden verursachen können, ist ein guter n50-Wert keine Garantie für Bauschadensfreiheit.

Wie kommt es zu diesen Fehlern?

Diese Leckagen entstehen, wenn die Luftdichtheitsnorm 4108-7 nicht beachtet wird. Wie gut und anwenderfreundlich sie ist, hat auch mein pro clima Kollege Michael Förster in Folge 14 erzählt. Meist sind die kleinen Leckagen Planungsfehler. Daher die Empfehlung: Luftdichtheitskonzept erstellen und genau die Durchdringungen und Anschlüsse beachten.
Besonders wichtig ist eine Planung bei herausfordernden Konstruktionen wie Innendämmung der Außenwand und Flachdach in Holzbauweise.

Leckagen vermeiden mit guter Planung, guter Ausführung und guten Lösungen

Wie ihr Leckagen vermeidet – dazu hat Holger mit unserem Kollegen Jens Lüder Herms einen Fachartikel geschrieben, den es auch als Blogserie bei pro clima gibt: Anschlüsse clever und gut lösen (1/8) – Typische Leckage: Kabel­durch­dringungen bei Elektro­installationen. Zudem habe ich mit Holger dazu eine Bauradio-Folge aufgenommen: Stoppt die Löcher in der Gebäudehülle – Hilfe bei Kabelalarm

Wichtig: Nicht nur die großen Leckagen beurteilen

Das Fazit dieses Artikels und unserer Podcastfolge: Achtet nicht nur auf große Leckagen. Wenn ihr Luftundichtheiten bewertet, beachtet auch kleinere und vor allem die Lage. Dazu solltet ihr die Konstruktionsdetails durchdenken. Wenn ihr diese Punkte beachtet, vermeidet ihr Bauschäden und Ärger. Oder anders: Wenn ihr auf kleine Details achtet – was etwas mühsam sein kann – habt ihr glückliche Auftraggeber, langhaltende Konstruktionen und viel Freude.

Übersicht der Folge 16 „Echt jetzt? So eine kleine Leckage soll gefährlich sein?“

00:00 Intro
00:54 Es gibt keine Definition zu kleinen oder großen Leckagen
01:04 Was die Blower-Door-Normen zu Leckagen sagen
03:19 Forschungsbericht zu Leckagen
05:05 Die Gefährlichkeit einer Leckage hängt vom Ort ab
06:30 Know-how zum Entdecken kleiner, gemeiner Luftundichtheiten
07:16 Die druckneutrale Zone
07:45 Schreckens-Beispiel: Innenwand mit Hochlochziegel wurde nicht richtig angeschlossen. Schaden: Es kondensierte.
09:03 Beispiel Holzrahmenbau mit KH
09:38 Holgers Lieblingsbauschaden: Zusammenbruch einer Attika durch kleines Vergessen
11:36 Die Normen sprechen nicht über gefährliche Luftundichtheiten
12:27 Wann wirklich die Gefahr eines Bauschadens da ist
13:14 Richtiger Schaden entsteht, wenn der Luftstrom von außen gebremst wird
14:33 Beispiel: Holzdecke und Leckage: Mal gefährlich, mal nicht – druckneutrale Zone ist entscheidend
16:27 Ein guter n50-Wert bei Blower-Door-Tests ist keine Garantie für keinen Bauschaden
17:00 Die Luftdichtheitsnorm 4108-7 hilft bei der richtigen Planung und Verarbeitung
17:23 Luftdichtheit für Fortgeschrittene: Innendämmung der Außenwand und Flachdach in Holzbauweise

Kontakt Holger Merkel: hm@bionic3.de 0171/706 1344 www.bionic3.de
Kontakt Heide Merkel: heide.merkel@besser-als-marketing.de 06202/2782-56

Kommende Seminare, Online-Seminare und Vorträge mit bionic3| Holger Merkel:

Webinar: DIN 4108-7 in der praktischen Anwendung. Typische Fehlerquellen und deren Vermeidung
19.01.2021 | 10:00–11:30 Uhr


Webinar: Achtung, neue Norm für Blower-Door-Tests: Wann wird wie gemessen? Typische Fallen im Sachverständigengutachten
18.03.2021 | 16:00–17:30 Uhr


Blower-Door-TÜV-Intensivseminar in Nürnberg mit Zertifizierungs-Option
Donnerstag, 15. April + Freitag, 16. April 2021 in Nürnberg, 805 Euro zzgl. MwSt.


Blower-Door-TÜV-Intensivseminar in Köln mit Zertifizierungs-Option
Dienstag, 4. Mai + Mittwoch, 5. Mai 2021 in Köln, 805 Euro zzgl. MwSt.


Webinar: DIN 4108-7 in der praktischen Anwendung. Typische Fehlerquellen und deren Vermeidung
19.05.2021 | 13:00–14:30 Uhr

Lust auf individuelle, unterhaltsame Vorträge und Workshops?
Ihr könnt Holger Merkel auch für eure Veranstaltung und euer Team buchen, schreibt ihm einfach: hm@bionic3.de oder ruft im Büro an: 07272-927385.

Ihr findet unseren Podcast auf allen gängigen Podcastplattformen. Wir freuen uns auf eure Rückmeldungen und wenn ihr Blower-Door-Wissen weiterverbreitet.
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Webseiten zu Luftdichtheit, Leckagen und Blower-Door
🤓 https://bionic3.de Blower-Door-Tests
🤓 https://luftdicht-geprüft.de Fachwissen zu Luftdichtheit
🤓 https://luftdichtheit-geprüft.de/category/leckagen/ Das Bauportal des Schreckens
🤓https://proclima.de der Hersteller für gute Produkte zur Luftdichtung innen und Winddichtung außen
🤓 https://blog.proclima.com Fachwissen dichte Gebäudehülle

Meine weiteren Blogs
🙋‍♀️ https://www.besser-als-marketing.de/
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💁🏻‍♀️ https://www.heide-hakt-nach.de/

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